Einerseits erweitern US-Gesetze den Datenzugang im Namen der nationalen Sicherheit. Andererseits sorgt der französische SecNumCloud für digitale Unabhängigkeit europäischer Unternehmen. Lassen Sie uns die Auswirkungen dieser beiden Modelle auf Cybersicherheit, Compliance und den Schutz kritischer Infrastrukturen aufschlüsseln.
Teil I – Kontext und Herausforderungen der Datensouveränität
Einführung
Der USA PATRIOT Act und das französische SecNumCloud-Rahmenwerk spiegeln zwei gegensätzliche Visionen des digitalen Datenmanagements wider. Die Vereinigten Staaten priorisieren die nationale Sicherheit, mit Gesetzen, die den extraterritorialen Zugang zu Daten ermöglichen, die von amerikanischen Unternehmen gespeichert werden. Im Gegensatz dazu fördern Frankreich und Europa einen souveränen und sicheren Ansatz. Gemeinsam zielen sie darauf ab, sensible Daten vor ausländischer Einflussnahme zu schützen.
Der USA PATRIOT Act: Umfassender Zugang der Regierung
Der USA PATRIOT Act wurde 2001 nach den Anschlägen vom 11. September verabschiedet, um die Befugnisse der Regierungsbehörden in der Überwachung und Terrorismusbekämpfung zu erweitern. In der Praxis gewährt er den US-Behörden umfassende Überwachungsmöglichkeiten, die den Zugriff auf Daten von Unternehmen unter amerikanischer Jurisdiktion ermöglichen, unabhängig davon, wo diese gespeichert sind.
Die Verabschiedung des CLOUD Act im Jahr 2018 stärkte diese Befugnis weiter. Er verpflichtet amerikanische Unternehmen, Daten auf Anfrage bereitzustellen, selbst wenn die Daten auf Servern in Europa gespeichert sind.
Die extraterritoriale Natur dieser Gesetze zwingt amerikanische Unternehmen, Daten an US-Behörden weiterzugeben, einschließlich in Europa gespeicherter Daten. Dies schafft einen direkten Konflikt mit der DSGVO. Für europäische Unternehmen, die amerikanische Cloud-Services nutzen, öffnet es die Tür zur potenziellen Überwachung ihrer strategischen und sensiblen Daten.
Jenseits von Vertraulichkeitsbedenken stellt diese Situation eine echte Herausforderung für die digitale Souveränität dar, da sie die Fähigkeit Europas in Frage stellt, seine eigenen Daten unabhängig und sicher zu verwalten.
SecNumCloud: Stärkung der digitalen Souveränität
Als Reaktion auf diese Herausforderungen hat Frankreich SecNumCloud entwickelt, eine Cybersicherheitszertifizierung, die von der ANSSI (der nationalen Cybersicherheitsagentur in Frankreich) ausgestellt wird. Sie stellt sicher, dass Cloud-Anbieter strenge Sicherheits- und Datensouveränitätsstandards einhalten.
SecNumCloud-zertifizierte Anbieter müssen strenge Anforderungen erfüllen, um die Integrität und Souveränität der Daten gegen ausländische Einflussnahme zu schützen. Erstens müssen die Cloud-Infrastruktur und -Betriebe vollständig unter europäischer Kontrolle bleiben, um sicherzustellen, dass kein externer Einfluss — insbesondere aus den Vereinigten Staaten oder anderen Drittländern — ausgeübt werden kann.
Zusätzlich darf kein amerikanisches Unternehmen einen Anteil halten oder Entscheidungsbefugnis über das Datenmanagement ausüben, was jegliche rechtliche Verpflichtung zur Übertragung von Daten an ausländische Behörden nach dem CLOUD Act verhindert.
Ebenso wichtig behalten die Kunden die volle Kontrolle über den Zugriff auf ihre Daten. Ihnen wird zugesichert, dass ihre Daten ohne ihre ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch übertragen werden können.
Mit diesen Maßnahmen verhindert SecNumCloud ausländische Eingriffe und gewährleistet eine souveräne Cloud unter europäischer Kontrolle, die vollständig den Datenschutz-Grundverordnungen (DSGVO) entspricht. Dadurch können europäische Unternehmen und Institutionen ihre Daten sicher speichern und verarbeiten, ohne dem Risiko ausgesetzt zu sein, unter extraterritoriale Gesetze wie den CLOUD Act zu fallen.
SecNumCloud gewährleistet eine gestärkte digitale Souveränität, indem es Daten unter ausschließlich europäischer Jurisdiktion hält und sie vor extraterritorialen Gesetzen wie dem CLOUD Act schützt. Diese Zertifizierung ist für strategische Sektoren wie öffentliche Dienste, Gesundheitswesen, Verteidigung und Betreiber von vitaler Bedeutung (OIVs) von entscheidender Bedeutung, dank ihrer Konformität mit der DSGVO und europäischen Vorschriften.
OIV (Betreiber von vitaler Bedeutung)
OIVs beziehen sich auf öffentliche oder private Einrichtungen in Frankreich, die als essentiell für das Funktionieren einer Nation angesehen werden, wie Energieinfrastruktur, Gesundheitssysteme, Verteidigung und Transport. Ihr Status wird durch den französischen interministeriellen Sicherheitsrahmen für vitale Aktivitäten (SAIV) definiert, der im Verteidigungsgesetz festgelegt ist.
OSE (Betreiber wesentlicher Dienste)
Die unter der EU NIS-Richtlinie (Netzwerk- und Informationssicherheit) eingerichteten OSEs umfassen Unternehmen, die der Gesellschaft und der Wirtschaft kritische Dienste anbieten, wie Banken, Versicherungsanbieter und Telekommunikationsunternehmen. Ihre Abhängigkeit von Informationssystemen macht sie besonders anfällig für Cyberangriffe.
Warum es wichtig ist
OIVs und OSEs sind zentral für die nationale Cybersicherheitsstrategie in Frankreich. Ein erfolgreicher Angriff auf diese Einrichtungen könnte schwerwiegende Folgen für die Infrastruktur und Wirtschaft eines Landes haben. Deshalb werden strenge Vorschriften und regelmäßige Überwachung durchgesetzt, um ihre Widerstandsfähigkeit gegen digitale Bedrohungen zu gewährleisten.
DSGVO und das KI-Gesetz: Schutz der digitalen Souveränität
Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) legt strenge Verpflichtungen für Unternehmen in Bezug auf die Datensammlung, -speicherung und -verarbeitung fest und sieht hohe Strafen bei Nichteinhaltung vor. Das KI-Gesetz, das derzeit von der Europäischen Union verabschiedet wird, ergänzt diesen Rahmen, indem es die Verwendung künstlicher Intelligenz reguliert, um eine ethische Datenverarbeitung sicherzustellen und Benutzer zu schützen.
Zusammen spielen diese Vorschriften eine wichtige Rolle bei der Regulierung digitaler Technologien und erhöhen den Druck auf Unternehmen, Cloud-Infrastrukturen zu übernehmen, die den europäischen Standards entsprechen, was die digitale Souveränität des Kontinents weiter stärkt.
Teil II – SecNumCloud: Ein Eckpfeiler der digitalen Souveränität
Souveräne Cloud: Hauptprobleme und Überlegungen
Cloud-Computing ist eine wichtige strategische und wirtschaftliche Frage. Die Abhängigkeit von amerikanischen Technologieriesen bringt europäische Daten Cybersicherheitsrisiken und ausländischer Einmischung aus.
Um diese Risiken zu mindern, gewährleistet SecNumCloud den Schutz kritischer Daten und setzt strenge Sicherheitsstandards für Cloud-Anbieter durch, die unter europäischer Gerichtsbarkeit tätig sind.
SecNumCloud: Der Maßstab für sichere Cloud-Dienste
Die ANSSI hat SecNumCloud als souveräne Antwort auf den CLOUD Act konzipiert. Heute haben mehrere französische Cloud-Anbieter, darunter Outscale, OVHcloud und S3NS, diese Zertifizierung übernommen.
SecNumCloud könnte als Blaupause für die EUCS (European Cybersecurity Certification Scheme for Cloud Services) dienen, das darauf abzielt, einen einheitlichen europäischen Standard für eine souveräne und sichere Cloud zu schaffen.
Eine Schlüsselpriorität für den öffentlichen Sektor und die kritische Infrastruktur
Betreiber von lebenswichtigen Einrichtungen (OIVs) und Betreiber von wesentlichen Diensten (OSEs), die kritische Infrastrukturen (Energie, Telekommunikation, Gesundheitswesen und Verkehr) verwalten, sind Hauptziele für Cyberangriffe.
Zum Beispiel wurde im Jahr 2020 ein Cyberangriff auf ein französisches Krankenhaus verübt, das seine IT-Infrastruktur für mehrere Tage lahmlegte. Dieser Angriff gefährdete die Patientenversorgung. Die Verwendung einer souveränen Cloud, die von SecNumCloud zertifiziert ist, hätte den Schutz des Krankenhauses vor einem solchen Angriff gestärkt, indem bessere Sicherheitsgarantien geboten und insgesamt eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Cyberbedrohungen gewährleistet worden wären.
Aufbau einer europäischen souveränen Cloud
Da sich SecNumCloud in Frankreich als wichtiger Rahmen etabliert, könnte es als europäisches Modell dienen. Durch die EUCS-Initiative strebt die Europäische Union an, gemeinsame Standards für eine sichere und unabhängige Cloud festzulegen, um sensible Daten vor ausländischen Eingriffen zu schützen.
Innerhalb dieses Rahmens geht SecNumCloud über eine rein technische Zertifizierung hinaus. Es zielt darauf ab, sich als strategische Säule zur Stärkung der digitalen Souveränität Europas und zur Sicherung der Widerstandsfähigkeit seiner kritischen Infrastruktur zu etablieren.
Conclusion
Die Einführung von SecNumCloud ist nun eine strategische Priorität für alle Organisationen, die sensible Daten verarbeiten. Durch den Schutz vor extraterritorialen Gesetzen und die vollständige Einhaltung europäischer Vorschriften etabliert sich SecNumCloud als eine Schlüsselsäule der digitalen Souveränität.
Dank wichtiger Akteure wie Outscale, OVH und S3NS legen Frankreich und Europa den Grundstein für eine souveräne, sichere und widerstandsfähige Cloud, die in der Lage ist, fremden Bedrohungen standzuhalten.
Eine weitere Sache: Eine delikate Balance zwischen Sicherheit und Souveränität
Wenn digitale Souveränität und Datenschutz Prioritäten für Europa sind, erscheint es wesentlich, diese Debatte in einen breiteren Kontext zu stellen.
US-Sicherheit
In der Tat begegnen US-Gesetze legitimen Sicherheitsbedenken. Die Vereinigten Staaten haben diese Gesetze im Kontext der Terrorismusbekämpfung und der Prävention von Cyberkriminalität implementiert. Das Ziel des PATRIOT Act und des CLOUD Act besteht darin, die Zusammenarbeit der Geheimdienste zu stärken und die nationale Sicherheit gegen transnationale Bedrohungen zu gewährleisten.
In diesem Zusammenhang haben amerikanische Unternehmen wenig Wahl. Cloud-Giganten wie Microsoft, Google und Amazon, um nur einige zu nennen, setzen den CLOUD Act nicht freiwillig durch – sie sind gesetzlich verpflichtet, sich zu fügen. Obwohl sie bemüht sind, die Vertraulichkeit von Kundendaten sicherzustellen, müssen sie US-Regierungsanfragen nachkommen, selbst auf die Gefahr hin, im Widerspruch zu europäischen Gesetzen wie der DSGVO zu stehen.
EU-Souveränität
Europa strebt keine Isolation an, sondern zielt vielmehr auf Selbstständigkeit in der Sicherheit ab. Die Annahme von SecNumCloud und der DSGVO geht nicht darum, amerikanische Technologien zu blockieren, sondern darum, sicherzustellen, dass europäische Unternehmen und Institutionen die volle Kontrolle über ihre sensiblen Daten behalten. Diese Strategie gewährleistet langfristige technologische Unabhängigkeit und fördert gleichzeitig die Zusammenarbeit, die die rechtlichen Rahmenbedingungen jeder Region respektiert.
Diese Debatte sollte nicht als Konfrontation zwischen Europa und den Vereinigten Staaten betrachtet werden, sondern vielmehr als eine globale strategische Herausforderung: Wie kann man internationale Sicherheit und digitale Souveränität in einer zunehmend vernetzten Welt in Einklang bringen?
Source:
https://dzone.com/articles/usa-patriot-act-vs-secnumcloud-future-model